Der Totentempel: Das Ramesseum - Teil 2


Der Säulensaal

Hinter dem Vestibül folgt -auf selbem Niveau liegend- das Hypostyl des Ramesseums mit seinen ursprünglich 48 Säulen, von denen 2x6 große Papyrussäulen mit geöffnetem Kapitell das Mittelschiff bilden, das durch die mittlere und größere der drei Rampen des zweiten Hofes betreten wird und deutlich die zentrale Tempelachse markiert, an deren Ende der Barkenraum (bzw. das Allerheiligste) liegt.

  
Blick durch das Mittelschiff nach Westen (li) und nach Osten (re)

Jeweils drei Reihen von sechs kleineren Säulen mit geschlossenem Papyruskapitell daneben bilden die Seitenschiffe, die in kleinere Räume oder Kapellen führen, von denen leider nur die Fundamente erhalten sind und deren Funktion heute nur aufgrund von Vergleichen mit anderen Millionenjahrhäusern Thebens (z.B. mit dem gut erhaltenen Totentempel Ramses III in Medinet Habu) erschlossen werden kann.


Detail eines Säulenkapitells des Mittelschiffes

   
Reliefs auf den Saeulen des Hypostyls

Die wunderbaren feinen Reliefs des Säulensaales zeigen u.a. Szenen des Schönen Talfestes und die daran teilnehmenden Königskinder (Westwand, untere Register) sowie die Krönung des Pharaos, der aus der Hand des thebanischen Götterpaares Amun-Re und Mut die Insignien der Macht -Krummstab, Wedel und Sichelschwert- empfängt oder von Sachmet die Krone verliehen bekommt.


Amun überreicht Ramses die Herrschaftsinsignien


Ramses vor Amun-Re, hinter ihm Sachmet


Die Bibliothek

Hinter dem Säulensaal (der Zentralachse folgend) liegt die sog. Bibliothek mit ihren acht Säulen und der berühmten astronomischen Decke mit Darstellungen der Planeten, Dekanlisten und Monatsgottheiten, die von Hekataeus von Abdera als ein Wunderwerk mit goldenen Bildern und einem riesigen Durchmesser von 365 Ellen (ca. 51,5 m) geschildert wird.
Es handelte sich hierbei wohl um eine Art Kalender, der dazu diente, die Daten religiöser Feste und Feiertage zu bestimmen.

   


Ausschitte der Darstellungen der Decke

Auf der Westwand befindet sich die ebenfalls berühmte Darstellung Seschats, die den Namen und die Regierungsjahre Ramses II auf den heiligen Ischedbaum schreibt, was dem Herrscher eine lange und glückliche Regierungszeit garantiert.


Seschat und Thot vor dem heiligen Ischedbaum


Der Raum der Erscheinungen des Re und Ptah

Hinter der Bibliothek schließt sich ein ebenfalls achtsäuliger (von denen vier noch erhalten sind) Raum an, der durch das Tor Ramses - vereint mit der Ewigkeit betreten wird.
Dieser Saal wird auch Saal der Litanei genannt; seine Dekoration besteht im wesentlichen aus den Opferlisten für die Erscheinungsformen des Re auf der Südhälfte und die des Ptah gegenüber.


Der Raum der Standarten und das Allerheiligste

Leider sind von diesen beiden Sälen nur noch die Fundamente erhalten, weshalb man den besser erhaltenen Totentempel Ramses III zum Vergleich heranziehen kann, um auf die Dekoration und Funktion dieser Räume schließen zu können.
In dem Saal der Standarten, der ebenfalls mit acht Säulen geschmückt ist, werden in Medinet Habu die Standarten der Götter und deren Begleiter dargestellt, danach folgt der Barkenraum des Amun mit vier Säulen und einem Podest in der Mitte zum Abstellen der Götterbarke.


Der Doppeltempel

An der Nordwand des Hypostyls angeschmiegt liegt ein doppelachsiger Tempel, von dem heute nur noch die Fundamente zu sehen sind.
Man vermutet hier eine Art Mammisi (Geburtshaus), das der GKG Nefertari und der Mutter des Pharaos, Tuja, geweiht war bzw. was durch die Art der Anlage wahrscheinlicher ist, einen Tempel für den Totenkult der beiden Königinnen.


Blick über die Ruinen des Doppeltempels

Der Tempel wurde von den zwei südlichen seiner drei Rampen betreten, die dritte (nördliche) führte wahrscheinlich zu einem Tempelumgang.
Von den Frontbauten des Tempelgebäudes hat man keinerlei Spuren gefunden; man vermutet allerdings eine Parallelkonstruktion zu dem Vestibül des Ramesseums mit Pfeilern und Kolossalstatuen, dahinter folgten dann Papyrussäulen mit geschlossenem Kapitell, von denen man immerhin die Basen, fünf an der Zahl, nachweisen konnte.
Daran schließt sich das Peristyl mit sechzehn Säulen an.
Zwei Durchgänge an der Westwand des Säulenhofes, die mit den südlichen Rampen jeweils in einer Fluchtlinie liegen, führen zu den beiden viersäuligen Vorhallen, von denen aus man in die fast quadratischen Sanktuare gelangte. Von dem südlichen gibt es wiederum einen Durchgang zu dem zwischen den beiden Sälen liegenden Mittelraum.
Inklusive der nicht mehr vorhandenen Front besaß der Tempel ein Länge von 44 m und eine Breite von 19 m.
Der Überreste einer zuvor schon geplünderten Depotgrube mit Gründungsbeigaben an der Rückwand des Tempels bewiesen, daß der Bau aus der Zeit Ramses II stammt.

Überraschenderweise stieß man bei weiteren Ausgrabungen auf die Fundamente eines älteren Tempels von etwa 39 m Länge und 14 m Breite, die etwa fünf Meter unter dem Doppeltempel lagen, sowie die dazu gehörenden Gründungsbeigaben, die die Namen Sethos I trugen.
Vermutlich handelte es sich dabei um ein einfaches Stationsheiligtum Sethos I, das dann später von Ramses II erweitert wurde.


      
links der Tempel zur Zeit Sethos I - rechts der Bau Ramses II
die Mauern des älteren Baues sind zum Vergleich mit Schraffur unterlegt

Durch spätere Untersuchungen Ende der 70er Jahre konnte geklärt werden, wem dieses Heiligtum geweiht war:
Man fand die beschrifteten Fragmente der Balustraden, die einst die Rampen des Doppeltempels begrenzten; diese trugen Teile der Kartuschen Ramses II sowie die Inschrift: Er hat (es) gemacht als ein Denkmal für seine Mutter... sowie auf einem anderen Fragment Teile der Kartusche der Nefertari.
Wie der Rest des Ramesseums auch diente dieser kleine Tempel späteren Pharaonen als Steinbruch, besonders Ramses II bediente sich reichlich und verbaute die im Ramesseum entwendeten Materialien in seinem eigenen Totentempel, weshalb man in Medinet Habu bei der Suche nach weiteren Blöcken, die aus dem Tuja-Nefertari-Tempel stammten, fündig wurde:
Zwei Hathorkapitelle, von denen eines die Namen Tujas und den Geburtsnamen Ramses II und das andere die Kartusche Nefertaris und den Thronnamen Ramses II trugen, stammten mit großer Wahrscheinlichkeit von dort.

Die Tempelmagazine

Die aus Schlammziegeln erbauten Magazine des Ramesseums sind die besterhaltenen und größten Ägyptens. Ihre teilweise erhaltenen Tonnendächer überspannen bis zu 3,7 m.
Außerdem befanden sich dort die Büros der Schreiber und Beamten, die für die Verteilung der in den Magazinen gelagerten Güter zuständig waren. Diese Räume sind aus Kalkstein erbaut und waren mit Säulen und feinen Reliefs geschmückt.
Die Magazine dienten der Lagerung von Getreide (die nördlichen), Wein, Öl und Honig (die südlichen), also der Versorgung der im Tempelkult dienenden Priestern, aber auch der Sicherstellung der Totenopfergaben.
Nach der 20. Dynastie, als der Totenkult allmählich eingestellt wurde, dienten die Magazine als Wohn- bzw. Begräbnisstätte der Priesterfamilien des Amuntempels.


In den Magazinen